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Die Geschichte der Defibrillation, also der Behandlung mit elektrischen Impulsen, beginnt in der Menschheitsgeschichte recht früh. So wurde bereits 40 nach der Zeitenwende mit Zitteraalen experimentiert. Heutige Defibrillatoren sind kleine Hochleistungscomputer, die automatisiert den Herzrhythmus analysieren und den Schock selbstständig abgeben können.
40
Schon hier bekam die Elektrizität eine Bedeutung in der Medizin. Scribonius Largus, ein Arzt aus Rom, nutze bereits Stromimpulse von Zitteraalen und Rochen für die Behandlung von Patienten.
1744
Professor Johann Gottlob Krüger setzte sich erstmals mit der Wirkung des elektrischen Stroms in der Medizin auseinander und bildete unter anderem einen Anfang der Forschung von Defibrillatoren.
1745/46
Ewald Georg von Kleist und Pieter von Musschenbroek entwickelten die Leidener Flasche, eine Kondensationsflasche, welche elektrische Stromschläge durch die Ladung der enthaltenen Metallteile abgeben kann.
1774
Der erste Durchbruch für die Entstehung des Defibrillators entstand im Jahr 1774, nachdem ein dreijähriges Kind, welches man zuvor erfolglos versucht hat, zu reanimieren, durch die Leidener Flasche gerettet werden konnte, indem die Stromstöße das Herz des Kindes reaktivierten.
1788
Charles Kite führte eine Defibrillation mittels des Ramsden-Generators durch.
1849
Carl Ludwig und Hoffa beschrieben erstmals das Phänomen des Kammerflimmerns. Der Arzt Alfred Vulpian führe den Begriff des „Fibrillierens“ einer seiner Arbeiten ein.
1888
MacWilliam erkannte, dass Kammerflimmern die Ursache eines plötzlichen Herztodes sein könnte. Somit wurde die Idee des Defibrillators geboren. Professor Jean-Louis Prevost und Professor Frédéric Batelli veröffentlichten ihre Arbeit, in der sie Versuche an Hundeherzen durchführten. Durch ihre Versuche konnten sie beweisen, dass Herzflimmern durch den Einsatz von elektrischem Strom verursacht werden kann und dass dieser es auch beenden kann. Die beiden Professoren verursachten ein Kammerflimmern bei einem Hund und konnten den Herzschlag daraufhin wieder normalisieren.
1899
Prevost und Batelli fanden heraus, dass Kammerflimmern unterbrochen werden kann, wenn elektrische Spannung auf das Herz einwirkt. Ein unregelmäßiger Herzschlag kann durch Stromimpulse wieder normalisiert werden.
1932
Kouwenhoven, Hooker und Langworthy starteten erste klinische Erfahrungen mit externen Defibrillatoren und veröffentlichten Berichte über ihre Experimente. Auch sie konnten beweisen, dass eine Herzrhythmusstörung und Kammerflimmern durch Wechselstrom beseitigt werden können.
1947
Der aus Cleveland stammende Chirurg Dr. Claude S. Beck führte die erste erfolgreiche Defibrillation eines menschlichen Herzens durch.
1950
Kouwenhoven und Wilnor experimentierten mit verschiedenen Arten von elektrischen Impulsen, Strom und Elektroden, um eine Methode zu entwickeln, mit der das Herz am geschlossenen Thorax defibrilliert werden kann.
1954
Die erste externe Defibrillation gelang an dem Herzen eines Hundes mit 60 Hz Wechselstrom.
1956
Die erste transthorakale Defibrillation wurde durch Paul Zoll in den USA durchgeführt, bei der Elektroden auf die Brust des Patienten aufgesetzt wurden, welcher Herzflimmern erlitt.
1958
Investoren beauftragten Kouwenhoven und seine Kollegen, einen Defibrillator zu entwickeln, der portabel genutzt werden kann und für die Schulung von Erste-Hilfe-Personal dienen sollte. Daraufhin wurde der „John-Hopkins AC Defibrillator“ entwickelt, welcher mit 90 kg jedoch noch eine sehr schwere Variante eines portablen Defibrillators darstellte.
1960
Eine erfolgreiche Defibrillation eines 42-jährigen Mannes wurde von Gottlieb Friesinger durchgeführt, sowie eine weitere erfolgreiche Defibrillation eines 12-jährigen Mädchens durch Karl William Edmark.
1962
Im Jahr 1962 erfolgte eine Präsentation des ersten Defibrillators auf Basis eines Kondensators.
1966
Der erste tragbare Defibrillator wurde von Dr. Frank Pantridge in der ersten mobilen kardiologischen Intensivstation des Royal Victoria Hospital in Belfast installiert. Entwickelt wurde dieser Defibrillator an der Johns-Hopkins-Universität entwickelt. Dieser ermöglichte erstmals eine mobile Behandlung von Koronarpatienten und Herzinfarkten außerhalb des Krankenhauses. Allerdings war der erste mobile Defibrillator etwa 50 amerikanische Pfund (22,5 kg) schwer, was den Transport erschwerte. Das Gewicht eines Standard-Defibrillators lag in der Regel bei mehr als 250 Pfund (112,5 kg). Pantridge und Dr. Geddes konnten schließlich nachweisen, dass das Überleben nach einem erlittenen Herzstillstand außerhalb des Krankenhauses durch eine koronare Rettungseinheit mittels dieser Geräte verbessert werden konnte.
1967
Professor John Anderson entwickelte zusammen mit der amerikanischen Firma American Optical anschließend den ersten wirklich tragbaren Defibrillator, welcher batteriegetrieben und deutlich leichter war.
1971
Bei der weiteren Entwicklung tragbarer Defibrillatoren wurde zunehmend Material zur Gewichtseinsparung eingesetzt, sowie reduzierte Energien beachtet, ohne die Wirksamkeit des Defibrillators einzuschränken. Professor Anderson entwickelte mit seinem Team einen knapp 7 kg schweren tragbaren Defibrillator mit wiederaufladbaren NiCd-Akkus, welcher bis zum Jahr 1974 der Standard in der mobilen Versorgung darstellte.
1972
Anderson und sein Team entwickelte anschließend eine mobile kontinuierliche EKG-Überwachung, welche bis zur Ankunft des Patienten in ein Krankenhaus eingesetzt werden sollte. Dadurch sollte auch eine Überprüfung der Aktivitäten zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht werden. Der „Combined Oscollioscope & Recording Apparatus“ (CORA) war das das Ergebnis dieser Überlegungen. Die Einheit wog etwa 5,5 kg und stellte das erste mobile System dar, welches eine Sprachkanalspur hatte, sodass Kommentare und verschiedene Informationen aufgezeichnet werden konnten.
1973
Weitere Fortschritte konnten in der Entwicklung des Defibrillators erbracht werden, indem eine drastische Reduzierung des Gewichts in der Materialentwicklung erreicht werden konnte. Somit konnte ein weiteres Modell des tragbaren Defibrillators entwickelt werden, welches 3,5 kg wog und für Rettungsdienste entwickelt wurde.
1974-1980
Die ersten Prototypen des automatischen externen Defibrillators (AED) wurden in diesem Zeitraum entwickelt und vertrieben. Die Entwickler waren Diack, Rulman, Welborn und weitere.
1980
Anderson meldete ein Patent für einen Algorithmus an, welche automatisch das Auftreten von Kammerflimmern erkennen kann. Damit entwickelte Anderson das Herzstück des heutigen AEDs und bot der früheren Entwicklung der AEDs damit die notwendige Spezifität und Sensitivität. Anderson und sein Team konnten einige Verbesserungen im Design einführen, welche in Defibrillatoren integriert wurden, die heutzutage benutzt werden. Zudem wurde der von Mirowski konzipierte implantierbare Kardioverter-Defibrillator (ICD) in einem Menschen implantiert.
1981
Ein AED mit einem Flachbildschirm und einer Ablese- und Aufnahmefunktion wurde in Nordirland entwickelt.
1992
Der Verlauf eines EKGs konnte nun auf den Defibrillatoren gespeichert werden, welche somit zu einem späteren Zeitpunkt ausgelesen und analysiert werden konnten.
1995
Der Öffentlichkeit wurde nun auch der erste biphasische automatisierter externer Defibrillator (AED) vorgestellt.
1996
Die Madit-Studie wies nach, dass ein implantierter Defibrillator Kammerflimmern um mehr als die Hälfte reduzieren kann. Bei einem bereits überlebten Herzinfarkt kann ein ICD (Implantierbarer Cardioverter Defibrillator) die Mortalität um 31 Prozent senken, wie die im Jahr 2002 veröffentlichte Madit-Studie II zeigte.
1998
Zusammen mit einigen Investoren gründete Anderson „HeartSine“, um weiter an der Entwicklung von tragbaren Defibrillatoren arbeiten zu können. Zudem besaßen Kardioverter-Defibrillatoren nun zwei Elektroden, um eine Versorgung beider Herzkammern ermöglichen zu können.
1999
In diesem Jahr fand eine Kreuzung vom Defibrillator und Herzschrittmacher statt und ermöglichte die Erfüllung eines Gerätes von mehreren Aufgaben.
1990-heute
AEDs verbreiten sich immer mehr und können auch von Laienhelfern ohne Gefahr bedient werden. Ihren Einsatz finden sie an öffentlichen Plätzen und Gebäuden, sowie auch in Privathaushalten. Eine korrekte Verwendung des AEDs ist heute bereits in allen Erste-Hilfe-Kursen zum Standardthema. Jedoch wird die Forschung weitergeführt, um neue Innovationen und Technologien auf den Markt bringen zu können.
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